111 Mitglieder der CDU im Bodenseekreis haben sich beim Kreisparteitag in Überlingen Themen quer durch alle politischen Ebenen beschäftigt. Seit einem Jahr hatte sich die Basis auf diesen "Inhaltsparteitag" vorbereitet, 33 Anträge wurden diskutiert und abgestimmt.
Die CDU-Politiker im Bodenseekreis trafen sich im Dorfgemeinschaftshaus Bambergen, um über die inhaltliche Ausrichtung der Partei zu diskutieren. | Bild: Jessica Bentsche Im ausgebauten Dachstuhl des Dorfgemeinschaftshauses in Bambergen fällt durch die großen Fenster goldenes Herbstlicht. Aufbruchstimmung herrscht beim Kreisparteitag der CDU Bodenseekreis: Sie will sich neu formieren. "Wir brauchen wieder eine Diskussionskultur und eine gewisse Streitkultur", sagt der Kreisvorsitzende Volker Mayer-Lay in seiner Begrüßungsrede. Seit einem Jahr bereitet sich die Basis auf diesen "Inhaltsparteitag" vor, es werden 33 Anträge diskutiert und abgestimmt. Es sind über 100 Mitglieder da, die meisten kennen sich.
Bareiß: Partei soll wieder "wertkonservativ" werden Die CDU will wieder zu einer Einheit finden. „Wertkonservativ“ muss die Partei wieder werden, das sagt Bezirksvorsitzender Thomas Bareiß, auch Bundestagsmitglied und Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Wie dieses Wertkonservative auszusehen hat, muss die Partei an diesem Tag abstimmen.
Junge Union will Ehe für alle kippen Die Junge Union (JU) Bodensee, die Nachwuchsorganisation der CDU, wünscht sich, dass sich die CDU gegen die Ehe für alle ausspricht und eine Normenkontrollklage zum Gesetz befürwortet. JU-Kreisvorsitzender Daniel Funke sagt: "Wir dürfen uns nicht alle Themen von der AfD abgrasen lassen." Bei der Abstimmung müssen die Stimmen gezählt werden, eine eindeutige Mehrheit ist an den hochgehaltenen Stimmzetteln nicht abzuschätzen. Mit knapper Mehrheit ist der Antrag abgelehnt. "Als Volkspartei können wir uns Klientelpolitik nicht leisten", sagt Volker Mayer-Lay.
Stellung zum Islam und UN-Migrationspakt aus Zeitgründen ausgegliedert Nach zwei Stunden sind Weißwürste und Butterbrezeln vergriffen. Die Anträge zur Stellung des Islam und des UN-Migrationspakts sollen gesondert thematisiert werden, um den Rahmen der Veranstaltung nicht zu sprengen, erklärt Sandra Schwaderer, Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Markdorf.
Antrag auf Einführung der Altkennzeichen ÜB und TT scheitert Direkt nach dem Antrag für eine gesetzliche Regelung für Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer folgt der Antrag, die Altkennzeichen ÜB für Überlingen und TT für Tettnang wieder einzuführen. Obwohl für diesen Antrag eineinhalb Seiten Argumentation vorliegen, die längste aller Anträge, können die Mitglieder außerhalb von Überlingen und Tettnang nicht überzeugt werden – er wird abgelehnt.
Dass Themen auf Landesebene und Kommalebene diskutiert werden, wundert Erwin Marquart, Mitglied im Gemeinderat Uhldingen-Mühlhofen, nicht: "Die CDU ist eine Volkspartei und hat den Anspruch, eine gewisse Breite abzudecken. In den letzten Jahren haben wir rechts von der Partei Platz gemacht und damit auch Profil hergegeben."
Debatte um Bundesvorsitz: Wer soll an die Spitze? Rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben, sagte einst CSU-Chef Josef Strauß. Häufig wird an diesem Tag darauf Bezug genommen, aber wohin steuert die CDU, und wer kann sich an der Spitze bewähren? Leonard Hess, Kreisgeschäftsführer der Jungen Union Bodensee, sieht durch Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz, die Anfang Dezember beim CDU-Bundesparteitag zusammen mit Jens Spahn für den Parteivorsitz kandidieren, die CDU-Richtungen gut vertreten und repräsentiert. „Spahn floskelt Standardphrasen ohne Profil“, kritisiert Hess. Für ihn muss die Parteistruktur reformiert werden, damit sich der Eintritt in die Partei wieder lohne. „Merz repräsentiert für mich die Basis, die dem politischen Diskurs aktuell fehlt.“
Aniko Haufe, stellvertretende Vorsitzende der CDU Überlingen, wünscht sich eine größere Einigkeit in der Partei: „Der Platz der CDU ist die Mitte als Volkspartei.“ Sie werde sich weiterhin an inhaltliche Veranstaltungen halten: „Mehr Inhalte und den Dialog fördern, das hat sich bis jetzt bewährt." Im Überlinger Erfolgsrezept enthalten: ein Stammtisch, das "Ochsengeschwätz" und das Frauenforum.
53 Prozent für Merz, 44 für Kramp-Karrenbauer, drei für Span Die Veranstaltung vergeht praktisch ohne Pause, über jeden Antrag wird diskutiert. 111 Mitglieder sollen als Stimmungsbild über den neuen Vorsitz der Bundes-CDU abstimmen. 53 Prozent stimmten für Blackrock-Aufsichtsratsmitglied Friedrich Merz, 44 Prozent für die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Wie in Berlin sahen auch am Bodensee nur drei Prozent den Gesundheitsminister Jens Spahn an der CDU-Spitze. Die Delegierten des Bodenseekreises für den Bundesparteitag im Dezember in Hamburg werden dieses Votum bei ihrer Wahl mit Sicherheit berücksichtigen, versichert Volker Mayer-Lay, Kreisvorsitzender und selbst Delegierter zum Bundesparteitag.
CDU-Bundesparteitag Am 7. und 8. Dezember wird in Hamburg über die neue Spitze der CDU abgestimmt. Laut Umfragen der Berliner Zeitung liegt dort Friedrich Merz mit einer 49-prozentigen Zustimmung vorn, Annegret Kramp-Karrenbauer hängt ihm mit 32 Prozent auf den Fersen, das Schlusslicht bildet Jens Spahn mit sieben Prozent.
Das Stimmungsbild in Überlingen liegt dem nicht so fern, wenn auch der Bodenseekreis sich wohl mehr Einigkeit in der Partei wünscht. Bei 111 Stimmberechtigten kam Kramp-Karrenbauer auf 44 Prozent und Merz auf 53 Prozent. Jens Spahn sehen hier drei Prozent an der Spitze.